Gründung in Bayreuth
Im September 1954 trifft sich die Fränkische Kantorei zu ihrer ersten Probe. Das Ziel des Gründers, Ewald Weiss, der Lehrer an der Kirchenmusikschule in Bayreuth ist: Im Rahmen der Kirchenmusik auf hohem Niveau a capella-Literatur zu erarbeiten, damals ein Novum in der bayerischen Landeskirche. Ein weiterer Aspekt: Die Partnerschaft mit der Mecklenburgischen Landeskirche zu pflegen. Die bevorzugte Literatur sind Werke der Alten Meister wie H. Schütz, J.H. Schein, L. Lechner und der Komponisten des 20. Jahrhunderts wie H. Distler, S. Reda, E. Weiss etc.
1965 übernimmt Rudolf G. Weiss (Foto), Sohn von Ewald Weiss, die Leitung des Chores. Rudolf Weiss ist Kantor an St. Michael in Fürth. Dadurch erhält der Chor eine neue Probenheimat und neue Aufgaben: aus einem reinen a capella-Ensemble wird ein Chor, der im Verbund mit der Kantorei St. Michael auch Oratorien musiziert. Die Mitwirkung an den bis heute stattfindenden Fürther Kirchenmusiktagen wird zur Regel. Die regelmäßig aufgeführten Werke sind: J. S. Bach: Weihnachtsoratorium und Johannespassion, J. Haydn: Die Schöpfung, J. Brahms: Ein deutsches Requiem. Dazu kommen - damals ungewöhnlich - die Motetten der Romantik. Die Alten und Neuen Meister werden weiter gepflegt. 1991 geht Rudolf Weiss in den Ruhestand und gibt die Chorleitung ab.
Von 1992 bis 1995 leitet der Neuseeländer Bruce Cash als Kantor von St. Michael den Chor. Seine Vorliebe für englische Musik schlägt sich nieder in einem Konzert mit englischen Komponisten und in der Aufführung von Händels "Messias". Nach seinem Weggang ist die Kantorenstelle fast 12 Monate vakant, der Chor zerfällt.
Neubeginn
1996 übernimmt Ingeborg Schilffarth (Foto) die Stelle an St. Michael. Die kirchenmusikalische Arbeit in Fürth wird neu strukturiert: Den drei hauptamtlichen Kantorinnen werden bestimmte Arbeitsschwerpunkte zugeordnet: Künstlerische Arbeit/Orgelspiel -Auferstehungskirche, Kinderchorleitung und Kirchenmusikpädagogik - St. Paul, künstlerische Arbeit/Erwachsenenchorleitung - St. Michael. Damit fällt auch die Leitung der Fränkischen Kantorei Ingeborg Schilffarth zu. Nach zögerlichen Neuanfang gelingt es, den Chor wieder zu beleben. Die ersten Konzerte sind im November 1996 bei den Fürther Kirchenmusiktagen (Werke von Fanny Hensel und Frieda Fronmüller) und im März 1997 die "Johannespassion" von J. S. Bach. Die Fränkische Kantorei entwickelt sich Schritt für Schritt wieder zu einem leistungsfähigen Chor.
Im Jahr 2000 erhalten die Chöre von Ingeborg Schilffarth im neu umgebauten Gemeindehaus von St. Michael einen eigenen Probenraum, den Chorsaal, einschließlich Bibiothek, was die Probenarbeit sehr erleichtert. Teilnahme an den "Tagen für alte Musik" in Dießen am Ammersee mit Bachs "Magnificat" und der "Kantate 191" im Juni 2003. Im November 2003 musiziert der Chor erstmals in seiner Geschichte die h-Moll-Messe von J. S. Bach als Abschlusskonzert der 40. Fürther Kirchenmusiktage.
Ausbau des Repertoires
"Verwundet ist die Welt"- unter diesem Titel steht das Konzert zum 60. Jahrestag des Kriegsendes am 30.4.2005 in St. Michael mit Werken von H. Schütz, J. H. Schein und J. Staden. Im April 2006 präsentiert der Chor die "Markuspassion" von J. S. (rekonstruierte Fassung Hellmann/Schilffarth). Im November 2006 erklingen die "Musikalischen Exequien" von H. Schütz. Die Männerstimmen der Fränkischen Kantorei verstärken den Deutschen Kammerchor bei der Aufführung von Arnold Schönbergs "Ein Überlebender aus Warschau" (op. 46) bei einem Konzert zum 1000jährigen Stadtjubiläum im Januar 2007. Im Rahmen der Kirchenmusiktage 2007 erklingt ein Programm mit Credo-Vertonungen von Monteverdi, Haydn, Dvorak und Frank Martin (Orgel: Andreas König). Mit einem A-cappella-Programm verschiedener Psalmvertonungen gastiert die Fränkische Kantorei unter der Leitung von Ingeborg Schilffarth im Mai 2008 bei einer Konzertreise in Braunschweig und Hamburg. Bei den Kirchenmusiktagen im November 2008 konzertiert die Fränkische Kantorei erstmals gemeinsam mit Contratenor Andreas Pehl mit Leonard Bernsteins "Chichester Psalms". Arthur Honeggers symphonischer Psalm "Le Roi David" wird im Mai 2009 gemeinsam mit dem Chor der Hochschule für evangelische Kirchenmusik und den Hofer Symphonikern unter der Leitung von Prof. Karl Rathgeber in Bayreuth aufgeführt. In Kooperation mit dem Stadttheater Fürth wird im Oktober 2009 im Kulturforum Fürth eine getanzte Version unter der Gesamtleitung von Ingeborg Schilffarth präsentiert.
Am 15. Mai 2010 gastiert der Chor mit großem Erfolg beim Deutschen Ökumenischen Kirchentag in der Klosterkirche St. Anna in München mit einem A-cappella-Programm. Claudio Monteverdis "Marienvesper" erklingt im Rahmen der Kirchenmusiktage 2010. Gemeinsam mit der Stadtkantorei wird Bachs "Weihnachtsoratorium" in sechs Kantatengottesdiensten in verschiedenen Fürther Kirchen an den Weihnachtsfeiertagen aufgeführt.
Im Herbst 2012 gibt es mit dem A-cappella-Programm "Tränensaat und Freudenernte" eine kleine Bayern-Tournee. Neben dem Konzert in Fürth gastiert der Chor in Neuburg an der Donau, Coburg, Weißenburg, Nürnberg und Kulmbach.
Mit einer szenischen Aufführung des Händel-Oratoriums "Esther" begibt sich der Chor zu den Kirchenmusiktagen im Oktober 2013 im doppelten Sinn auf Neuland: Erstmals steht er auf der Bühne des Fürther Stadttheaters und erstmals wagt er sich unter der Anleitung von Theater-Regisseur Christian Schidlowsky an eine szenische Umsetzung. Musikalisch besonders ist die Verschränkung von Händels Barockmusik mit der Uraufführung von drei Orchesterstücken des Fürther Komponisten Johannes Brinkmann durch das "Ensemble Kontraste".
In Kooperation mit dem Kammerchor Sonorité aus Forchheim führt die Fränkische Kantorei 2015 erstmals die Matthäus-Passion von J.S. Bach auf, einmal in der Katholischen Kirche in Ebermannstadt, einmal in St. Michael in Fürth, musikalisch begleitet von der "Neuen Rathsmusik Nürnberg" und der Leitung von Stefanie Sperl und Ingeborg Schilffarth.
Zu den 53. Fürther Kirchenmusiktagen 2016 gestaltet Ingeborg Schilffarth ein Konzert unter der Überschrift "Poesie-Psalm-Paraphrase". Friedrich Rückerts Kindertotenlieder, vertont von Gustav Mahler präsentiert die Altistin Solgerd Isalv, die Fränkische Kantorei steuert das "Schicksalslied" von Johannes Brahms und die "Chichester Psalms" von Leonard Bernstein bei, begleitet von Mitgliedern der Staatsphilharmonie Nürnberg.
2017 konzertiert die Fränkische Kantorei gemeinsam mit dem Ensemble 1684 aus Leipzig in St. Michael - ein vielfarbiges Programm, das vor allem Werke des kaum bekannten Komponisten Johannes Rosenmüller vorstellt. Daneben gibt es 2017/18 wieder eine kleine Bayern-Tournee mit einem A-cappella-Programm das Werke von Kantoren der Leipziger Thomaskirche präsentiert. Das Erzählkonzert ist in Heilsbronn, Oberasbach, Hemhofen, Regensburg und Weißenburg zu hören. Am 3.6.2018 wird vom ZDF ein Fernsehgottesdienst unter dem Titel "Weckruf zur Freiheit" ausgestrahlt, in dem die Fränkische Kantorei den ersten Satz der "Chichester Psalms" singt. Dieses Werk erklingt noch einmal in einem Konzert zum 200. Stadterhebungsjubiläum Fürths, das Werke von Leonard Bernstein und B.A. Zimmermann in den Mittelpunkt stellt - wieder mit Solgerd Isalv und Mitgliedern der Staatsphilharmonie Nürnberg. Das Konzert wird von BR Klassik mitgeschnitten und am 4.12.2018 gesendet.
Am Karfreitag 2021 musiziert der Chor angepasst an die durch Corona bedingten Einschränkungen eine Neufassung der Johannespassion von J. S. Bach, bearbeitet von Ingeborg Schilffarth.